Bosnien nach 1992

Bosnien nach 1992

Mit dem am 29. Februar und 1. März abgehaltenen Unabhängigkeitsreferendum entschied das Volk über die Zukunft Bosniens.
Der Beschluss über das Abhalten des Unabhängigkeitsreferendums wurde bei der Versammlung der BR BiH in der Zeit  der Dissolution Jugoslawiens verabschiedet.
Der Entschluss kam unmittelbar nach der offenen Drohung von Radovan Karadzić, welche er vor den Augen der gesamten bosnisch-herzegowinischen Bevölkerung, aber auch vor den Augen der Weltöffentlichkeit aussprach:
„Das ist nicht gut, was ihr da tut. Ihr bereitet den gleichen Weg für Bosnien-Herzegowina vor, den auch Slowenien und Kroatien gewählt haben, eine Schnellbahn in die Hölle. Denkt nicht, dass ihr Bosnien–Herzegowina nicht in die Hölle führen werdet, und das muslimische Volk vielleicht zu seiner Ausrottung. Das muslimische Volk kann sich nicht wehren, sollte hier ein Krieg ausbrechen.“ Dies verkündete Karadzić am Rednerpult der Versammlung am 15. Oktober 1991 während der Gesetzesverabschiedung über die Unabhängigkeitsreaffirmation Bosnien-Herzegowinas, welche dem Referendumsbeschluss vorausging.
Während des Republikreferendums zur Statusermittlung Bosnien-Herzegowinas am 29. Februar und 1. März 1992 sprachen sich 2.061.932 Personen, also 99,44 % der Gesamtbevölkerung (laut Amtsblatt der BR BiH, Nr. 7; 27. März 1992)  für ein unabhängiges Bosnien-Herzegowina aus, einen Staat gleichberechtigter BürgerInnen und Völker Bosnien-Herzegowinas. 
Diese Ergebnisse ermöglichten die internationale Anerkennung Bosnien-Herzegowinas als  unabhängigen Staat. Die europäischen Mitgliedsstaaten haben Bosnien-Herzegowina am 6. April 1992 offiziell anerkannt. Am 22. Mai 1992 folgte die Aufnahme Bosnien-Herzegowinas in die Vollmitgliedschaft der UN.
Doch schon in den ersten Tagen der Unabhängigkeit begann mit den Angriffen auf Sarajewo und auf ganz Bosnien die Aggression….
Was folgte waren ethnische Säuberungen und Genozid in Srebrenica, Prijedor, Ahmći…

In dieser Zeit bis zum Ende der Aggression erkämpfte sich das bosniakische Volk aus dem Nichts, angegriffen von West und Ost, sein Existenzrecht und zeigte dabei, das ein Volk nicht durch Gewalt ausgelöscht werden kann. 
Das Daytoner Friedensabkommen beendete  die kriegerischen Handlungen, brachte aber keinen Frieden mit sich. Im Abkommen wurden zwei Entitäten, ein Sonderdistrikt und zehn Kantone festgelegt, die für ein Wohlergehen des Staates zusammenarbeiten sollten.
Ein solches Konstrukt, unbekannt in der restlichen Welt, stellte sich als uneffektiv heraus. Es brachte auch Apartheid mit sich:
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg fällte 2009 das Urteil im Fall Sejdić–Finci gegen Bosnien-Herzegowina. Die Implementierung  dieses Urteils würde kurz gesagt eine  Änderung der Verfassung Bosnien-Herzegowinas bedeuten, sodass alle BürgerInnen Bosnien-Herzegowinas  bei  der  Kandidatur für die PräsidentschaftsmitgliedskandidatInnen und der Kandidatur für eine  Parlamentsmitgliedschaft der Volksversammlung gleichgestellt wären. Somit hätten alle BürgerInnen die gleichen Rechte, nicht nur die drei konstitutiven Völker (Bosniaken, Kroaten, Serben). Das Urteil wurde jedoch nicht in die Tat umgesetzt. 
Unvorbereitet auf die Staatsführung hat die Regierung durch die fragwürdige Privatisierung der staatlichen Güter der weiteren Verarmung des Landes beigetragen. Was der Krieg nicht zerstörte, wird im Frieden weiter zu Grunde gerichtet. 

Quantensprünge in der Entwicklung, die Bosnien während  der Österreich-Ungarn Monarchie und in den 80er Jahren in Jugoslawien erleben durfte, kann die neue Regierung nicht erreichen. Das wirtschaftlich unhaltbare System unterstützt weiterhin den Exodus aus Bosnien, mit dem das wichtigste Potential Bosniens in die Diaspora auswandert. 

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