Bosnien in Jugoslawien

Bosnien in Jugoslawien

Die Idee eines gemeinsamen Staates, der die südslawischen Völker zusammenschließen sollte, hatte ihren Ursprung im 19. Jahrhundert in Kroatien und Dalmatien. Nachdem durch die „Erklärung von Korfu“ die Zustimmung seitens slowenischer, kroatischer und serbischer Politiker gekommen war, rief 1918 der Monarch Aleksandar Karađorđević das „Erste Jugoslawien“ aus, das „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“– Bosnien wurde nicht erwähnt. Von Anfang an war der Staat jedoch von innenpolitischen, ethnischen, sozialen und wirtschaftlichen Konflikten geprägt. Seit der Gründung des Vielvölkerstaates wurde die Politik maßgeblich von den Serben dominiert. 1929 setzte schließlich Karađorđević die Verfassung außer Kraft, führte eine Königsdiktatur ein und der Staat wurde umbenannt in das „Königreich Jugoslawien“. Der Staat wurde daraufhin in neun sogenannte „Banschaften“ aufgeteilt. Dies geschah allerdings ohne Rücksicht auf historische oder ethnische Gegebenheiten und garantierte in sechs von neun Banschaften eine serbische Bevölkerungsmehrheit. Obwohl 1939 der sogenannte „Sporazum“ (Abkommen) zwischen der Regierung und der kroatischen Opposition beschlossen wurde, konnten die serbisch-kroatischen Konflikte nicht tatsächlich überbrückt werden. Am 6. April 1941 griff das nationalsozialistische Deutschland mit italienischer Unterstützung Jugoslawien an, das bereits am 17. April kapitulierte. Als Antwort auf die Besatzung entstand die kommunistische Partisanenbewegung unter Josip Broz Tito, dessen „Volksbefreiungsarmee“ die Oberhand gewinnen konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Tito die Macht im Staat. 

Die größten Kriegsschlachten fanden in Bosnien statt, da die bosnischen Berge den Partisanen Rückzugsmöglichkeit gaben, um sich wieder neu organisieren zu können. Mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger fielen dem Krieg und den Nachkriegsverbrechen der Nationalsozialisten, der ungarischen und italienischen Faschisten, der Tschetniks, der Ustaschas und der Titoisten zum Opfer.

Von 1945 bis 1963 bestand der Staat als „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“, nach 1963 als „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“. Während des zweiten AVNOJ 1943 wurde Jugoslawien in die sechs Republiken Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Makedonien gegliedert. Obwohl Bosnien-Herzegowina als Republik existierte, blieb es den Einwohnerinnen und Einwohnern verwehrt, sich als Bosniakinnen und Bosniaken zu deklarieren. Sie hatten lediglich die Wahl zwischen „Kroate“, „Serbe“ oder „Neopredijeljen“ (= national unbestimmt). Manches wurde den bosnischen Musliminnen und Muslimen auch verboten, wie beispielsweise der Besuch der Pilgerstätte „Ajvatovica“. Erst  1971 erhielten die Bosniakinnen und Bosniaken die Nationalität „Muslim“ – absurd, da dies ja eigentlich keine Nationalität sondern ein Religionsbekenntnis ist. Obwohl sie damit nicht einverstanden waren, wurde die neue Nationalität unter dem Motto „besser als gar nichts“ akzeptiert.

Bis 1980 wurde Bosnien stark industrialisiert und mit großen Konzernen wie Energoinvest, UNIS und anderen wurde ein starkes Zeichen für die Entwicklung Bosniens gesetzt.

In den 1980er Jahren traten vor allem in Serbien nationalistische Ideologien und die Idee eines Großserbiens auf – Ideen, deren Ursprung noch weiter in die Vergangenheit reichte. Das SANU- Memorandum von 1986 lieferte zudem das grundlegende Fundament für derartige Bestrebungen und Slobodan Milošević wurde zur führenden Persönlichkeit der großserbischen Idee. Die nördlichen Territorien, Slowenien und Kroatien, wandten sich jedoch immer mehr den westlichen Demokratiemodellen zu und auf das Verlangen der serbischen Führung, die Okkupation des Kosovo mitzufinanzieren, wandten sie sie sich vom Regierungskurs ab. Letztendlich stellten sich die Slowenen, Kroaten, Bosniaken, Mazedonier und Albaner gegen die Hegemonie Serbiens. Der Staat Jugoslawien zerfiel schließlich zum zweiten Mal.

Literatur:

Zülch Tilman: „Ethnische Säuberung“ – Völkermord für „Großserbien“. Eine Dokumentation der Gesellschaft für bedrohte Völker. Zürich: Luchterhand 1993.

Marie-Janine Calic: „Krieg und Frieden in Bosnien-Hercegovina“. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1995.

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